Archiv der Kategorie: 2005 Mai

Und wieder geht’s nach Ganjam in Indien

Am 15. Mai 2005 sind wir der schneebedeckten Bergkuppe des Rigi und den im Tal herrschenden winterlichen Temperaturen entflohen um in wärmere Gegenden zu ziehen. Nicht, dass wir etwa umgezogen sind aber unsere Verpflichtungen in Indien riefen uns.

So aussergewöhnlich kalt es bei uns in der Schweiz war, genau so aussergewöhnlich heiss empfing uns Indien. Die in der Gegend des südlichen Karnataka fallenden Regen vom Februar und März waren ausgeblieben und so gab es tagsüber Temperaturen von 35° – 38° im Schatten und auch in unserem Gebäude stiegen die Temperaturen auf über 30 Grad. Nicht verwunderlich, dass man selbst beim Ausruhen zum Schwitzen kam.

Das Ausruhen beschränkte sich sowieso nur auf die Nachtzeit denn tagsüber werden wir voll gefordert, sei es im Nähcenter, beim Besuchen der Familien, oder als Anlaufstelle für alle möglichen Bitten um Hilfe und Unterstützung. Doch die Nacht gehört uns, denn in dieser ländlichen Gegend gibt es keine Möglichkeit sich am Abend zu vergnügen. Kein Kino, keine Konzerte, kein Fernsehen, nichts als dunkle Nacht und manchmal sogar sehr dunkel, wenn gerade wieder mal der Strom ausfällt. Nach etwas plaudern und manchmal etwas spielen geht es meistens schon zwischen 20 und 21 Uhr ins Bett. Jedoch am Morgen früh um 5 Uhr ist Tagwache und die Luft angenehm frisch. Es bleiben etwa drei Stunden wo man ohne gestört zu werden etwas erledigen kann, doch etwa um 8 Uhr geht der Alltag los.

Unser Englisch-Lehrer nimmt jetzt Musikunterricht und hat keine Zeit mehr!

In unseren letzten Nachrichten konnten wir erfreut mitteilen, dass wir einen guten Englisch-Lehrer gefunden hatten und eine Anzahl Kinder vom Englischunterricht profitieren konnten.

Leider hat sich jedoch dieser Lehrer dazu entschlossen nun seinerseits Musikunterricht zu nehmen, so dass ihm die Zeit fehlt um noch neben seinem Lehrerberuf bei uns zu unterrichten. Selbstverständlich werden wir uns bemühen wieder eine gute Lehrkraft zu finden, doch dies wird wiederum nicht einfach sein.

Wieder haben einige Kinder ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen!

Wiederum haben ein paar Kinder, respektive Jugendliche dank unserer Unterstützung ihre Ausbildung abgeschlossen. So zum Beispiel hat Deepu sein BCom Diplom (Bachelor of Commerce), Shilpa ist Hilfskrankenschwester, Gracy Anthony hat die Ausbildung zur Krankenpflegerin beendet und Anthony Fernandez sein ITI-Training (Industrial Training Institute) Preethi hat das B. Sc. Diplom (Bachelor of Science) und wird hiermit sicher eine gute Anstellung finden.

Leider aber gab es im vergangenen Jahr auch Abgänge. So ist Anthony Robert von seiner Familie nach Bangalore zu Verwandten platziert worden, wo er wahrscheinlich als billige Arbeitskraft missbraucht wird. Sanjay Anthony ist mit seiner Mutter nach Bangalore gezogen. Scheinbar hat sein Vater der Mutter untersagt weiterhin in Ganjam zu wohnen obwohl er überhaupt nie zu hause war und sie nie unterstützt hat. Robert Roshan den wir seit 2 Jahren immer wieder ermahnten haben wird nun aus dem Hilfsprogramm genommen, da er praktisch nie zur Schule ging. Weder wir, noch Sr. Sunitha oder seine Mutter konnten ihn davon überzeugen, dass die Schule wichtig ist für seine Zukunft.

Wir vergeben keine neuen Patenschaften mehr!

Wie wir in unserem Nachrichten-Nachtrag mitteilten und begründeten, vergeben wir keine neuen Patenschaften mehr. Die Zahl der Patenkinder hat sich deshalb auf 96 reduziert. Wesentlich erhöht hat sich jedoch die Zahl der nicht von einem Paten oder einer Patin unterstützten Kinder.

Es sind 70 neue Kinder, die in irgend einer Form unsere Unterstützung für ihre Ausbildung bekommen.

SODIS erneut erklärt!

Wie bereits im November, jedoch diesmal viel intensiver, versuchten wir den Frauen in einem Muslim-Viertel die Vorteile der Trinkwasser Aufbereitung mittels SODIS (Abkürzung von Solar Water Disinfection) bei zu bringen. Wir hatten schon vorher PET-Flaschen gesammelt und erklärten ihnen nun die ganz einfache Handhabung. Täglich gingen wir hin, kontrollierten und erklärten aufs Neue was richtig und falsch war. Ob sich das SODIS jedoch durchsetzen wird ist fraglich. Solange am Morgen und am Abend klares Wasser aus den Röhren fliesst und die Frauen wissen, dass dieses Wasser über die Wasseraufbereitungsanlage zu ihnen kommt, glauben sie es sei auch zum Trinken geeignet. Dass es sich dabei aber um Flusswasser handelt worin Autos, Kühe, Wäsche usw. gereinigt werden, wo Abläufe hinein geleitet werden und in der Aufbereitung nur der gröbste Dreck zurückgehalten wird ist ihnen nicht bewusst und glauben es nur schwerlich.

Positive Neuigkeiten aus der Nähschule!

Unser Tailoring-Center (Nähschule) arbeitet nach wie vor ausgezeichnet. Auch spricht es sich langsam herum, dass die Schuluniformen welche wir herstellen von besserer Qualität sind als üblich und somit auch länger halten. Daher sind viele Mütter, von nicht unter-stützten Kindern, bereit diese bei uns zu kaufen obwohl sie ein paar Rupien teurer sind.

Dasselbe gilt auch für andere Kleidungsstücke und hilft der Nähschule die Kosten zu decken.

Durch den Verkauf von einigen Artikeln in der Schweiz, wo natürlich viel mehr bezahlt wird als in Indien, konnte die Kasse des Nähschule, einen schönen Zustupf verbuchen.

Hier zwei Beispiele aus unserer Nähschule. Für den nächsten Winter werden wieder eine Menge Pullover und Jäckchen gebraucht, obwohl auch dann Temperaturen vorherrschen wie bei uns im Sommer.

Von den 11 Frauen und Mädchen welche die Nähkurse begannen haben leider nur 7 bis zum Schluss durchgehalten und konnten das heiss begehrte Zertifikat in Empfang nehmen.

Schulen sind verpflichtet den Schülern ein Mittagessen abzugeben…

Seit letztem Jahr sind die Schulen verpflichtet den Schülern ein Mittagessen abzugeben. Auch die Schule der Karmeliten-Schwestern von Ganjam ist davon betroffen und muss täglich für ca. 370 bis 380 Kinder kochen. Zuerst kochte man im Freien wie die Pfadfinder und Camper. Jedoch bei Wind und Wetter war dies nicht möglich und sie bekamen ein kleines und baufälliges Lokal zur Verfügung gestellt.

Die Feuerung mit Holz ist kostspielig und zudem im geschlossenen Raum mit viel Rauch verbunden.

Wir beschlossen für die Schule eine Küche zu bauen welche den neuen Anforderungen genügt. Nach unserer Rückkehr erklärte sich ein Spender bereit die Kosten hierfür von Fr. 4200.- zu übernehmen.

Herzlichen Dank!

Immer wieder diese Korruption!

Dass wir immer wieder mit Korruption konfrontiert werden zeigen zwei kleine Beispiele:

Wir müssen feststellen, dass wir für bezahlte Schulkosten an staatlichen Schulen keine Quittungen erhalten. Ob dies wohl damit zu tun hat, dass diese Kosten „irrtümlich“ oder ungerechterweise verlangt werden?

Die Mutter von Sandya Rani, welche weder lesen noch schreiben kann, kam zum x-ten Mal und brachte nun endlich das für die Einschreibung an der Schule notwendige Geburtszertifikat. Der Name des Kindes aber fehlte. Für dieses Formular hat man ihr 200 Rs. abverlangt. Nachbarn überzeugten sie aber bereits vorher ein Kastenzugehörigkeits-Zertifikat zu verlangen welches ihr, obwohl es in Indien offiziell keine Kasten mehr gibt, ausgestellt wurde und man ihr hierfür sogar 250 Rs. abknöpfte. Ein solches Zertifikat ist normalerweise für 20-30 Rs. zu bekommen.

Dieses Beispiel zeigt wieder einmal deutlich wie die ungebildeten und armen Leute betrogen werden. Inhaber von Stellen nützen die Unwissenheit der Analphabeten um sich zusätzliche Einkünfte zu beschaffen.