Archiv der Kategorie: Oktober 2008

Via Mumbay und Bangalore nach Ganjam

Wir sind also wie bereits in unserem letzten Bericht gemeldet auf dem neuen Flughafen von Bangalore gelandet. Wir sind zwar keine Spezialisten für Flughäfen doch erstaunt es uns, dass man immer noch mit dem Bus irgendwo auf dem grossen Flughafenareal abgeholt wird, im strömenden Regen ein- und wieder aussteigt, über eine 1 Meter breite Treppe ins Obergeschoss geleitet wird, nur um nach 100 Metern wieder ins EG zu der Immigration hinab zu steigen und anschliessend zu den Gepäck-Bändern entlassen wird.

Gepäckbänder ja schön, aber bis man feststellt auf welchem Band denn nun das Gepäck erscheinen wird vergeht doch einige Zeit, denn die Beschriftung ist nicht gerade ins Auge springend angebracht. Aber keine Sorge, Zeit hat man genug, denn es dauert rund eine Stunde ab Ankunft bis man zu seinem Gepäck kommt. Man wundert sich nur wie es hier möglich sein wird 12 Millionen Passagiere im Jahr abzufertigen.

Der Flughafen ist von einem schweizerischen Architekturbüro geplant, jedoch wissen wir ja nicht, wer noch alles in dem Brei herumgerührt hat.

Den wartenden, vorbestellten Taxifahrer erblicken wir sofort direkt vor dem Ausgang, nicht zuletzt darum weil auch wir dasselbe Namensschild zeigen wie er. (von uns per E-Mail an die Taxizentrale gesandt).

Die Fahrt nach Ganjam dauert nicht länger als vom alten Flughafen aus, obwohl die Strecke rund 40 km länger ist, denn die Umfahrung von Bangalore ist beinahe fertig, und wahrscheinlich gibt es auch noch verschiedene Varianten der Streckenwahl. Von wegen Streckenwahl mussten wir unseren Fahrer bewundern denn ein Regen wie man ihn nur in tropischen Gegenden erleben kann behinderte die Sicht auf alles was ausserhalb des Autos war.

Erst mal 2-3 Stunden Schlaf nachholen…

Diesmal kamen wir im Laufe des Vormittages in Ganjam an, aber trotzdem hatten wir ein Schlafmanko nach zu holen. Die erste Begrüssung fiel deshalb etwas kurz aus und wir waren froh schnell zwei, drei Stunden Schlaf zu geniessen, waren wir doch seit mehr als 24 Stunden auf den Beinen.

Ab Mittag waren wir wieder ansprechbar und nun konnten wir uns auch etwas eingehender mit unserer neuen Schwester unterhalten. Wie bereits in unseren Kurzinfos gemeldet; sie ist jung, gebildet mit BA, froher Natur und sie versteht Spass. Eine überaus positive Erscheinung, hoffen wir nur, dass sie uns für längere Zeit erhalten bleibt, denn Wechsel hatten wir in letzter Zeit zur Genüge

Es ist das erste Mal dass wir im Oktober nach Ganjam kommen. Der Monsun ist vorbei jedoch die Feuchtigkeit hängt noch in der Luft und bei 30 Grad im Schatten ist dies ziemlich drückend. Es braucht eine gewisse Aklimatisierung bis sich der Körper wieder wohl fühlt. Apropos Monsun, wohl ist er vorüber aber Regen hatten wir während unserer Anwesenheit vom 4.– 24. Oktober 2008 jeden Tag, meistens am späten Nachmittag oder nachts.

Abrechnungen kontrollieren…

Unsere Anwesenheit dient ja auch der Kontrolle und der Organisation. Also mache ich mich mit der Schwester hinter die Abrechnungen und Mayte sieht im Tailoring nach dem Rechten.

Zuerst wird die Abrechnung der abgetretenen Schwester kontrolliert und nach ein paar Suchaktionen kann sie mit einem sehr kleinen Verlust von ein paar Rupien abgeschlossen werden.

Eine gute Leistung wenn man bedenkt, dass es sich dabei um einige hundert kleine Posten handelt die von der Schwester in die Buchführung eingebracht werden müssen. Aber die Buchführung muss sein, denn wir wollen wissen wo das Geld hin geht.

Wir schütteln immer wieder den Kopf über Organisationen, die im guten Glauben Geld überweisen aber vor Ort nicht kontrollieren was damit geschieht. Die Korruption ist in diesen Ländern gewaltig und wo etwas zu holen ist da wird geholt, sei es zu Recht oder zu Unrecht. Glauben sie uns, wir kennen uns diesbezüglich aus.

Anschliessend kommt die Abrechnung der neuen Schwester an die Reihe, und auch hier alles in bester Ordnung. Der kleine resultierende Überschuss deckt den andern kleinen Verlust.

Die Abrechnung der Nähschule ist wie immer In Ordnung und gibt zu keinen Klagen Anlass. Hier muss erwähnt werden, dass diese Einrichtung höchstwahrscheinlich immer in den roten Zahlen bleiben wird, aber von uns am Leben erhalten wird, da doch auch 5 Arbeitsplätze gesichert werden und die Nähschule als die Beste in ganz Karnataka gilt.

Die Anzahl der Patenkinder verkleinert sich!

Auch im vergangenen Jahr gab es wieder eine Verkleinerung der Anzahl der Patenkinder. Es sind dies noch 70 Kinder und Studierende. Hingegen hat die Zahl derjenigen Kinder stark zugenommen welche wir ohne Patenschaften unterstützen. Diese Zahl ist auf 102 angewachsen. Wir sind sicher dass sich diese Zahl, beim Beginn des neuen Schuljahres am 1. Juni 2009, noch erhöhen wird.

Folgende Patenkinder sind aus unserem Hilfeprogramm ausgeschieden:

Johnson Prabhu, 15 Jahre alt, hat anstatt die 10te Klasse zu machen und einen gültigen Schulabschluss zu haben, den Schulsack an den Nagel gehängt. Schade, denn nun bleibt ihm wahrscheinlich nur eine Zukunft als Kuli wie dies schon seine Eltern sind.

Saraswathi hat ihr BA Studium mit gutem Erfolg und einer Super-Qualifikation abgeschlossen.

Baghya, welche sich eigentlich nie so richtig entscheiden konnte was sie noch studieren könnte, hat sich nun mit 21.Jahren doch entschlossen nicht mehr weiter in die Schule zu gehen, leider aber hat sie es bis heute verpasst die Prüfung des BA zu schaffen. Sie wird aber sicher nochmals einen Anlauf nehmen, inzwischen arbeitet sie bei uns im Tailoring.

Priyamala, hat nach der 1. PUC das Handtuch geworfen, mit 19 Jahren glauben die Mädchen in Indien wahrscheinlich sie werden glücklicher mit einer Heirat als mit einem guten Schulabschluss.

Rubia (links im Bild) und Yankatesh haben ihre Prüfungen bis heute noch nicht geschafft, doch geben wir ihnen bis zum nächsten Schuljahresbeginn Zeit um die Prüfungen noch zu machen. Sollte es ihnen bis dahin nicht gelingen so endet damit auch unsere Unterstützung, andernfalls jedoch geht unsere Hilfe weiter.

Shoba, welche eigentlich immer einen speziellen Schubs brauchte, und wir und ihre Freundinnen sie immer wieder aufmunterten weiter zu machen hat es nun auch bereits bis ins 3.BA-Jahr geschafft. Jedoch an der Abschlussprüfung scheiterte sie am Fach Englisch. Sie hat nun auch 1 Jahr Zeit die Prüfung nach zu holen und wir sind sicher sie wird es schaffen.

Bessere sanitäre Einrichtungen

Unsere Aktion in „Mini-Pakistan“ (siehe dazu den Bericht vom Dez.07) war ein voller Erfolg. Die Leute dort sind glücklich nun über einen Waschraum, eine Toilette oder verputzte Wände und Böden zu verfügen. Diese Bilder eines angebauten Waschraumes und Toilette zeigen was man für umgerechnet rund 260 bis 280 Franken bauen kann.

Dass wir in „Mini-Pakistan“ eine solche Aktion machten spricht sich natürlich schnell herum. Es ist deshalb nicht zu verwundern dass wir nun diesmal mit Begehren für auch einen Waschraum oder eine Toilette fast überrannt wurden. Wie es dabei ausarten kann zeigt folgendes Beispiel.

Anthoni Rani die Mutter von Brijesh kam mit ihm zu uns und wollte einen Waschraum gebaut bekommen. Wir übernehmen schon allen Kosten für die Ausbildung von Brijesh und kennen die familiären Verhältnisse. Ihre Eltern und Schwiegereltern sind nicht so arm, dass sich eine weitere Unterstützung aufdrängt. Auf jeden Fall begann die Frau zu jammern und zu weinen, aber wir liessen uns nicht erweichen. Am nächsten Tag kam sie wieder, und am übernächsten abermals. Da hat doch unsere Elizabeth zufällig mitangehört wie die Mutter zum Sohn sagte er solle auch weinen wir würden dann eher ja sagen.

Sie sehen wie mit allen Mitteln gekämpft wird um zu profitieren, und wie wir auf der Hut sein müssen um nicht ausgenutzt zu werden.

Wir sind stolz die beste Nähschule in Karnataka zu sein!

Unser Tailoring (Schneiderei und Nähschule) darf zu Recht stolz sein auf seine Leistungen. Nicht nur dass sie von der Schneider-Vereinigung von Karnataka als die beste Nähschule bezeichnet wurde sondern auch auf die Qualität ihrer Erzeugnisse. Die Uniformen und Kleider die hier hergestellt werden haben einen viel besseren Finish, als jene die man sonst zu kaufen bekommt. Wenn das Tailoring auf Bestellungen von aussen arbeitet so sind die Kosten vielleicht 10 – 15% höher als anderswo, jedoch haben die Kunden begriffen dass unsere Waren auch länger halten.

Da wir auf dem Gebäude ein Flachdach haben ist es zuweilen unerträglich heiss im Tailoring und die Temperatur kann bis auf 36, 37 Grad ansteigen. Alle offenen Fenster und die Ventilatoren schaffen es kaum die Temperatur zu bezwingen.

Auch spezielle Wünsche werden erfüllt wie das nebenstehende Foto zeigt. Die beiden unzertrennlichen Freundinnen Ashwini und Sabhia Khan mussten unbedingt den gleichen Punjabi haben.

Nähkurs mit Zertifikat…

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Die Schülerinnen, welche den 9-monatigen Nähkurs mit Erfolg beenden, erhalten ein Zertifikat welches bestätigt dass sie den Kurs erfolgreich bestanden haben. Dabei gilt, dass die im Kurs hergestellten Artikel von Mayte kontrolliert werden und das Zertifikat nur ausgehändigt wird wenn alles wirklich gut, bis sehr gut verarbeitet ist. Es wird immer wieder versucht uns zu kopieren, auch indem Kursteilnehmerinnen eingeschleust werden, die dann später das Wissen vermitteln sollen. Diesen Versuchen sehen wir gelassen entgegen, denn bis anhin sind alle solchen Versuche gescheitert.

Ein kleines und nützliches Weihnachtsgeschenk…

Auch dieses Jahr, obwohl wir kurz vor Weihnachten nicht mehr in Ganjam sein werden, erhalten die Patenkinder ein kleines Weihnachtsgeschenk. Wir haben jedoch vor unserer Abreise alles vorbereitet und Sr. Vimal Grace wird die Verteilung vornehmen. Die Kinder erhalten einen Hot-Pot um ihr Essen warm zu halten, der natürlich mit Leckereien gefüllt wird. Kosten dieser Bescherung CHF 330.-, wofür wir noch einen Sponsor suchen.

Veraltete Infrastruktur!

Die Infrastruktur von Ganjam ist ziemlich veraltet und hat somit immer wieder mit Problemen zu kämpfen. Während unseres Aufenthalts gab es einen Wasserrohrbruch, die Strasse wurde aufgerissen und jeglicher Verkehr für Tage unmöglich. Weshalb aber die Leitungen in einem nicht von Frost gefährdetem Gebiet bis zu 4 Meter tief verlegt werden, müsste mir mal ein Fachmann erklären.

Wen wundert es da noch, wenn das Telefon im St. Michaels Convent hin und wieder nicht richtig funktioniert?

Andere Sachen funktionieren tadellos!

Doch andere Sachen scheinen immer wieder zu funktionieren, nämlich die Aufnahme von Findelkindern.

Häufig werden in Indien Mädchen nach der Geburt oder erst viel später ausgesetzt oder sogar getötet. Wir haben in der Reihe der von uns unterstützten Kinder bereits 3 Findelkinder, die je von einer Frau aufgenommen und grossgezogen wurden.

Nun dieser Tage kam Shama, eine Muslim-Frau zu uns und bat um Unterstützung für ihr Kind. Dieses Kind, hat sie am Fluss schwer verletzt gefunden, es nach Hause genommen und gepflegt. Man hat damals im ganzen Dorf gesammelt um die Arztkosten zu bezahlen. Wir fragen uns aber warum kam die Frau nicht schon damals zu uns. Auch damals schon wären wir für die Kosten aufgekommen. Shama gab ihr den Namen Muskhan und ihr Alter wurde damals auf 3 Jahre geschätzt. Heute ist sie 6 jährig und es ist Zeit zur Schule zu gehen.

Für den Schuleintritt wird aber ein Geburtszertifikat verlangt. Woher in aller Welt soll dieses kleine Mädchen ein solches haben? Wir, respektive unsere vor Ort tätige Schwester, wird alle guten Beziehungen spielen lassen um ein nachträgliches Dokument zu erhalten.

Unsere Unterstützung für die Ausbildung und eventuelle weitere Kosten geben wir gerne.